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Allein operative Daten – die sogenannten "O"-Daten – wie Umsatz und Verkaufszahlen in den Mittelpunkt zu stellen, reicht für ein Unternehmen heute nicht mehr aus. Wer erfolgreich sein möchte, benötigt einen Ansatz, der auch Experience-Daten ("X"-Daten) berücksichtigt. Dies sind Erfahrungen und Emotionen von Kunden und Mitarbeitern. Experience Management (XM) schlägt die Brücke zwischen beiden Welten.

Fraglos spielen für ein Unternehmen organisatorische Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und die Produkt- und Servicenachfrage eine zentrale Rolle.

Doch um langfristigen Geschäftserfolg sicherzustellen, ist mehr nötig als der reine Fokus auf operative Informationen. Vielmehr müssen Unternehmen auch Experience-Daten – oder "X-Daten" – berücksichtigen. Sie geben Aufschluss über die Einstellung und Anforderungen von Kunden, Interessenten, Partnern und Mitarbeitern. Eine wachsende Zahl von Firmen erkennt bereits die hohe Relevanz dieser Informationen. Sie nutzen beispielsweise Lösungen, mit denen sie Informationen über ihre Kunden sowie deren Wünsche und ihre Erfahrungen mit den Angeboten des Unternehmens erhalten – Stichwort "Customer Experience" (CX). Das Beratungshaus Lünendonk schätzt, dass deutsche Firmen rund 6,4 Milliarden Euro für Customer-Experience-Services ausgeben.

Customer Experience: Mehr als eine Benutzeroberfläche

Solche CX-Services werden zu einem beträchtlichen Teil von externen Dienstleistern und Cloud-Service-Providern bereitgestellt. Sie unterstützen Unternehmen dabei, für ihre digitalen Angebote benutzerfreundliche User-Interfaces zu entwickeln. Außerdem stellen sie zusammen mit den hauseigenen IT-Fachleuten der Unternehmen sicher, dass Prozesse in E-Commerce und Kundenservice einen nahtlosen Wechsel zwischen mobilen Endgeräten ermöglichen und alle Kundendaten über ERP- und CRM-Systeme verfügbar sind.

Wie sich CRM und CX verbinden lassen, zeigen Beratungshäuser wie maihiro aus Ismaning bei München. Der Spezialist für Kundenmanagement hat beispielsweise bei der Remmers Gruppe eine cloud-gestützte Customer-Experience-Suite und Cloud-Apps aus eigener Entwicklung implementiert. Den Vertriebsmitarbeitern im Innen- und Außendienst des Anbieters von Dichtmaterialien, Farben und Lacken steht dadurch eine einheitliche "360-Grad-Sicht" auf seine Kunden zur Verfügung. Das kommt beiden Seiten zugute: Das mittelständische Unternehmen hat interne Prozesse digitalisiert und gestrafft. Die Kunden erhalten einen Service, der besser auf ihre individuellen Anforderungen zugeschnitten ist.

Experience-Management umfasst weitere Bereiche

Doch Customer Experience ist nur eine Facette eines umfassenden Experience-Managements. Denn X- und O-Daten fallen in drei weiteren Bereichen an:

  • Markenerlebnis ist die Wahrnehmung einer Marke durch Kunden und Interessenten.

  • Produkterlebnis gibt Aufschluss darüber, welche Funktionen und Eigenschaften eines Produkts Kunden besonders schätzen oder welche Optimierungen sie sich vom Hersteller wünschen.

  • Mitarbeitererfahrung erfasst, welche Haltung Beschäftigte gegenüber ihrem Arbeitgeber und ihrer Tätigkeit einnehmen.


Wie spielen etwa im Bereich Markenerlebnis X- und O-Daten zusammen? Angesichts wachsender Risiken durch Cyber-Angriffe will beispielsweise ein Finanzunternehmen seine Kunden davon überzeugen, dass deren Daten und Konten bei dem Dienstleister in guten Händen sind. Dazu erfasst das Unternehmen zunächst "X-Daten", etwa welchen Stellenwert die Datensicherheit für einzelne Nutzergruppen hat. Diese Informationen lassen sich mit organisatorischen Informationen kombinieren, beispielsweise welcher Altersgruppe ein Kunde angehört.

Mitarbeitern im Marketing erhalten so Hinweise, welche Informationen sie bestimmten Kundengruppen zur Verfügung stellen sollten und über welche Kanäle sie am besten angesprochen werden: Newsletter, Social-Media-Plattformen, Sponsoring-Aktionen oder Kundenveranstaltungen.

Vielen Unternehmen fällt es dabei noch schwer, den gewohnten Weg der Kundenkommunikation zu verlassen und über das klassische Marketing hinauszugehen. Genau dies wird jedoch gerade von Kunden der neuen Generation eingefordert. Sie greifen auf eine Vielzahl von Kanälen zurück, um sich über Produkte oder Dienstleistungen zu informieren. Marketing, Vertrieb und Service sind daher angehalten eng zusammenarbeiten, damit das Unternehmen ein homogenes und positives Bild von sich zeichnet. So rät etwa das Beratungshaus Arineo, eine „Customer Lounge“ einzurichten – eine zentrale Plattform, auf der die Kunden über unterschiedliche Wege und unabhängig vom Endgerät mit dem Unternehmen in Kontakt treten können, und die sich dynamisch an ihre Bedürfnisse anpasst.

Produktattraktivität steigern

Eng mit dem Image einer Marke verknüpft sind die Erfahrungen, die ein Nutzer mit einem Produkt oder Service macht, also das Produkterlebnis. Stehen die vom Hersteller versprochenen Funktionen tatsächlich zur Verfügung, und zwar in der entsprechenden Qualität? Bringt das angebotene Zubehör tatsächlich einen Mehrwert? Fallen die Antworten auf solche Fragen negativ aus, kann dies in mehrfacher Hinsicht die Attraktivität eines Produkts schmälern. Zum einen verliert der Anbieter möglicherweise einen (verärgerten) Kunden. Zum anderen kann dieser über Online-Bewertungen und Beiträge auf Facebook und Co. andere Interessenten vom Kauf einer Lösung abhalten.

Auch dazu ein Beispiel: Ein Hersteller von Elektrowerkzeug für Handwerker stellt fest, dass der Absatz von Zubehör für eine ansonsten beliebte Produktreihe stagniert. Soweit die O-Daten. Warum das so ist, zeigt ein Blick auf Informationen, die eine Experience-Management-Lösung bereitstellt. Sie misst und bewertet das Produkterlebnis in ausgewählten Kundensegmenten. Zudem ermittelt eine solche Lösung, welche Aspekte des Produkterlebnisses für Nutzer am wichtigsten sind, etwa bestimmte Funktionen oder die Option, eine Maschine vielseitig einsetzen zu können.

Eine Plattform für das Experience-Management kann in einem solchen Fall beispielsweise ermitteln, ob den Kunden überhaupt klar ist, welchen Zusatznutzen die Zubehörpalette der Maschine bieten kann. Ist das nicht der Fall, werden die hauseigenen Vertriebs- und Marketing-Fachleute dazu angehalten, Kunden aktiv auf die Vorteile der Zubehörpalette hinzuweisen und entsprechende Marketingaktionen durchzuführen.

Die "Kunden" im eigenen Unternehmen beachten

Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, beim Thema Experience Management nur den Blick nach "draußen" zu richten. Oft unterschätzen Firmen den essentiellen Faktor Mitarbeitererfahrung. Hierbei stehen die Erfahrungen, Wünsche und Erwartungen der eigenen Mitarbeiter im Mittelpunkt. Denn motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter sind wichtiger denn je, um die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Angeboten mitzutragen und voranzutreiben.

Laut der Trendstudie „Unterwegs zu digitalen Welten" des Digitalverbandes Bitkom und des Beratungshauses Tata Consultancy Services (TCS) bringt der digitale Wandel für die Mitarbeiter Änderungen mit sich. 69 Prozent der Unternehmen erwarten gravierende Auswirkungen in den Bereichen Marketing und Vertrieb. Die Hälfte geht davon aus, dass sich die Arbeitsplätze drastisch verändern, etwa durch neue Tätigkeitsprofile, Arbeitsmittel wie Kollaborationswerkzeuge und Ansätze wie DevOps und Design Thinking. Eine Experience-Management-Plattform, die Personalführung unterstützt, hilft HR-Abteilungen dabei, Mitarbeiter bei diesem Wandel zu begleiten. Das heißt, Stimmungen aufzugreifen und diese mit O-Daten in Bezug zu setzen, etwa einer erhöhten Kündigungsrate in bestimmten Unternehmensbereichen. Auf diese Weise hat die HR-Abteilung zusammen mit den Fachbereichen die Möglichkeit herauszufinden, warum Beschäftigte unzufrieden sind und können entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.

Eine "Plattformdenke" etablieren

Wie sich ein Experience Management in der Praxis umsetzen lässt, zeigt der IT-Dienstleister all4cloud. Der Mittelständler unterstützt Unternehmen dabei, Ihre Geschäftsprozesse auf eine integrierte cloudbasierte ERP Plattform zu heben. Alle Abteilungen, Länder und Gesellschaften in einem System auf Basis abgesicherter Datenflüsse zu managen ist ein großer Vorteil – zugleich eine große Veränderung, die ein Um- und Neudenken der Prozesslandschaft erfordert.

Eine wichtige Rolle bei solchen Umstellungen spielt die Unternehmenskultur. Laut all4cloud ist es beispielsweise wichtig, von der Chefetage eine Affinität und Offenheit gegenüber neuen Technologien und Prozessansätzen in das gesamte Unternehmen zu tragen. Statt Prozessabläufen sollten primär die Ziele im Vordergrund stehen und wie man diese gemeinsam effektiv und effizient erreicht.

Damit Mitarbeiter vernetzt und zielorientiert zusammenarbeiten können, müssen Daten und Anwendungen geteilt werden. Diese aus der Cloud statt dem hauseigenen Rechenzentrum zu beziehen, erfordert eine veränderte Denkweise bei IT-Fachleuten, Usern und Managern. Wo gestern noch jeder „stillen Kämmerchen“ an seinen individuellen Prozessen und Lösungen schraubte, müssen sie heute eine "Plattformdenke“ entwickeln.

Change-Management als Ergänzung

Daher ist neben einem Experience Management auch das sogenannte Change-Management erforderlich, um solche Veränderungen umzusetzen. Es berücksichtigt im Idealfall nicht nur technische Gesichtspunkte, etwa wie sich die Einführung eines Cloud-ERP-Systems bewerkstelligen lässt, sondern bezieht auch das Schaffen von Akzeptanz durch die Nutzer, die Schulung von Mitarbeitern sowie die Anpassung von Aufgaben und Rollen mit ein.

Vergleichbare Aufgaben ergeben sich bei der Anpassung einer Produktpalette oder der Entwicklung neuer, digitaler Dienstleistungen. Auch bei solchen Vorhaben arbeiten Experience Management und Change-Management Hand in Hand. Unternehmen, die das in der Praxis umsetzen, können von den Vorteilen profitieren, die die Digitalisierung mit sich bringt und verschaffen sich so einen Wettbewerbsvorteil.