Bei einem Blick auf die Karte Europas fällt die Schweiz immer wieder auf: Nicht in der EU, aber dennoch gut integriert, der Euro offiziell nicht die Währung und doch vielerorts akzeptiert. Auch die Steckdosen in der Schweiz sind
anders, was Reisende aus anderen Teilen Europas gerne vergessen. Nicht nur das Format der Steckdose überrascht, auch dass der Strommarkt in der Schweiz nicht liberalisiert ist: Nur wer mehr als 100 Mwh pro Jahr verbraucht, darf sich seinen Energielieferanten frei auswählen. Der "normale" Haushalt mit drei oder vier Personen ist von dieser Menge weit entfernt. Doch das soll sich nun endlich ändern und die Schweiz diskutiert intensiv darüber, mit Europa besser vernetzt zu werden.
"Man lässt sich sehr viel Zeit", "darüber wird ja schon ewig diskutiert", sind die Feedbacks die ich dann von Kollegen und Freunden bekomme, wenn ich das Wort "Liberalisierung" im Zusammenhang mit der Schweiz nenne. Bis zum Vergleich mit den Geschehnissen im Roman "Die Tartarenwüste" von Dino Buzzati gehen die Vergleiche.
Und es stimmt - Gesetzesvorhaben in der Schweiz brauchen vergleichsweise lange, Politik und Gesellschaft nehmen sich die Zeit, Konsens herzustellen und einen Kompromiss zu finden. Manchmal über mehrere Jahrzehnte.
Das Thema "freier Netzzugang" steht spätestens seit 2003 im Raum, als das höchste Schweizer Gericht feststellte, dass der Wettbewerb im Strommarkt nirgends ausgeschlossen sei - gesetzlich.
Technische Gründe kommen dazu: Über die Jahre wurden dann auch die Stimmen lauter, die eine Zusammenarbeit mit den umliegenden Ländern forderten - allen voran Yves Zumwald, Geschäftsführer des Schweizer Übertragungsnetzbetreibers
Swissgrid.
«Ich habe nur zwei Wünsche: Unterschreibt das Papier und vernetzt die Schweiz mit Europa.» und
"Das Stromabkommen – und damit das Rahmenabkommen – mit der EU seien daher unbedingt anzustreben, um... sind ungewohnt deutliche Worte.
Warum ist das für Swissgrid wichtig? Weil die Schweiz mitten in Europa liegt, gut vernetzt ist, eine wichtige Rolle in der europäischen Stromversorgung spielt und heute nicht in die europaweite Netzsteuerung eingebunden ist.
2003 fiel übrigens der Strom in der Schweiz aus, was vermeidbar gewesen wäre.
Nur: Das Stromabkommen und die Öffnung des Strommarktes
hängen zusammen. Ohne geöffneten Markt kein Abkommen.
Diese Jahr kam nun Bewegung in die Sache und der Fahrplan zur Marktöffnung steht in groben Zügen fest: Ende diesen Jahres soll das Gesetz in die politische Diskussion gehen, die vermutlich keine (fast) zwanzig Jahre dauern wird (wie bei anderen Gesetzen, die von
1918 bis
1937 benötigten..).
Wichtig für die Akteure im Markt: Im Auftrag für die Überarbeitung der gesetzlichen Grundlagen ist ein "Datahub" festes Element des Marktes. Und um am Datahub teilnehmen zu können, sind Integration und Automatisierung nötig. Während der Zeitplan jetzt noch grosszügig aussieht, kann es dann doch schnell eng werden und Lösungen wie die
SAP Market Communication for Utilities können "geschäftsrettend" werden.
Die nächsten Jahre werden spannend, ebenso wie der Vorschlag zur Umsetzung der Marktöffnung, den wir für dieses Jahr erwarten.